Neurochirurgische Verfahren

Neurochirurgische Verfahren

In manchen Fällen kommt es aufgrund ausgeprägter struktureller Veränderungen, z.B. in der Nähe des Rückenmarks oder der Spinalnerven zu stärksten neuropathischen Schmerzen in Kombination mit relevanten Einschränkungen, z.B. der Gehstrecke. Wenn dann die Kombination verschiedener nicht-medikamentöser und medikamentöser Verfahren keine relevante Besserung der Beschwerden erbringt, kann ein neurochirurgisches Vorgehen erwogen werden. Dies ist z.B. bei einer hochgradigen Spinalkanalstenose oder bei einem fortgeschrittenen Wirbelgleiten häufig der Fall.

Es gibt aber auch Zysten, Meningeome und andere pathologische Strukturen, die einen schädigenden Einfluss auf Nerven haben können und operiert werden müssen, insbesondere wenn diese eine Wachstumstendenz haben.

Bei einem akuten großen Bandscheibenvorfall in Kombination mit einer akuten Blasen- und Mastdarmschwäche oder einer Muskel-Lähmung muss die nervenerhaltende Operation sogar sehr schnell erfolgen – am besten innerhalb von 24 Stunden!

Schmerzschrittmacher und Schmerzmittelpumpen sollten nur in gut ausgewählten Fällen implantiert werden, da die potentiellen Risiken erheblich sind. Es liegt auf der Hand, diese besonderen Therapien nur von bestimmten Zentren durchführen zu lassen,  die mit diesen Verfahren auch viel Erfahrung haben.

Nukleotomie

Die Nukleotomie ist der operative Ansatz in der Behandlung eines akuten Bandscheibenvorfalls, meist im Bereich der HWS oder LWS. Operiert wird in der Regel bei großen Vorfällen mit einer deutlichen Beeinträchtigung der Nervenfunktion, also vor allem bei einer Muskel-Lähmung.

Der Neurochirurg bemüht sich in der Regel das Bandscheibengewebe über einen möglichst kleinen Haut- und Muskelschnitt zu entfernen. Hierbei wird standardmäßig ein Operationsmikroskop verwendet, um die nervalen Strukturen und das Rückenmark zu schonen.

Interlaminäre Fensterung (ILF)

Die interlaminäre Fensterung ist ein relativ schonender operativer Ansatz in der Behandlung von Nervenkompressionsphänomenen im Bereich der Wirbelsäule. Hierbei wird das hypertrophierte gelbe Band (= Ligamentum Flavum) und ein Stück vom Wirbelbogen (= Latina) entfernt, um dem Nerven wieder Raum zu geben. Operiert wird in der Regel bei sehr ausgeprägten degenerativen Veränderungen mit einer deutlichen Beeinträchtigung der Nervenfunktion („Radikulopathie“). Die ILF kann auch als erweiterte interlaminäre Fensterung durchgeführt werden – hierbei werden z.B. auch noch hypertrophierte Wirbelgelenkanteile oder hervorspringende Knochenanteile chirurgisch entfernt („undercutting“).

Auch bei diesen Operationen wird standardmäßig ein Operationsmikroskop verwendet, um die nervalen Strukturen und das Rückenmark zu schonen.

Laminektomie und Hemilaminektomie

Die Laminektomie bezeichnet die operative Entfernung der sogenannten „Lamina“, d.h. des seitlich liegenden Wirbelbogens und des Dornfortsatzes meist im Rahmen einer ausgeprägten lumbalen Spinalkanalstenose. Häufig kommt primär eine Hemilaminektomie zum Einsatz, bei der nur die stärker betroffene Hälfte des Wirbelbogens abgetragen wird.

In der Regel bemüht sich der Wirbelsäulenchirurg den Eingriff so vorzunehmen, dass das Wirbelsegment anschließend noch ausreichend stabil ist. Das gelingt aber nicht immer, sodass in einigen Fällen eine operative Stabilisierung der Wirbelsegmente nötig ist.

Operiert werden sollte eine Spinalkanalstenose, wenn die freie Gehstrecke trotz einer Kombination nicht-medikamentöser und medikamentöser Maßnahmen massiv eingeschränkt ist und die strukturellen Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule auch in der Bildgebung offensichtlich sind. Empfehlenswert ist diese Operation für Patienten, die insgesamt noch sehr fit sind – für Patienten mit schwergradiger Multimorbidität ist diese Operation eher nicht zu empfehlen!

Spondylodese

Die Spondylodese oder „Wirbelsäulenversteifung“ ist ein Eingriff, der bei einer Instabilität der Wirbelsäule, z.B. beim Wirbelgleiten, aber auch manchmal nach einer Laminektomie  zum Einsatz kommt. Die Operation kann von hinten, seitlich oder von vorn durchgeführt werden, je nachdem, welche Strukturen besonders geschädigt sind oder stabilisiert werden müssen.

Während die Nukleotomie ein kleiner Eingriff ist, gehört die Spondylodese zu den größeren Operationen an der Wirbelsäule. Sie sollte nur in Wirbelsäulen-Zentren durchgeführt werden, die hiermit viel Erfahrung haben.

Failed Back Surgery Syndrom (FBSS)

Das FBSS ist eine wichtige und gefürchtete Komplikation nach einer Operation an der Wirbelsäule und kommt relativ häufig vor (je nach Studie 5 – 30%). Von einem FBSS sprechen wir,  grob gesagt, wenn nach einer Wirbelsäulenoperation Schmerzen und Beschwerden auftreten, die der Patient vor der OP nicht hatte. Auf der Ebene der Zellen kommt es hierbei zu lokalen Entzündung-, Vernarbungs- und/oder Sensitivierungsvorgängen, die einen schädigenden oder zumindest ungünstigen Einfluss auf das Nervengewebe haben.

Für dieses Dilemma gibt es viele praktische Gründe: Zum einen sind viele Patienten der Überzeugung, dass eine Operation grundsätzlich der beste Weg ist, Schmerzen „loszuwerden“.  Hierzu ist es wichtig, dem Patienten zu erklären, dass Schmerzen auch vom zentralen Nervensystem erlernt und generiert werden können, sodass sie durch die Wirbelsäulenoperation nicht zwangsläufig und automatisch verschwinden!

Zum anderen führen in Deutschland zu viele Kliniken Wirbelsäulenoperationen durch und unterliegen dadurch auch ökonomischen Zwängen, zumal gerade Versteifungsoperationen für Kliniken besonders hohe Erlöse erwirtschaften. (Dies ist nicht die Schuld der Kliniken, sondern unserer Politik, die unser Gesundheitssystem der Ökonomie unterworfen hat!) Damit werden aber in der Summe in Deutschland zu viele Patienten an der Wirbelsäule operiert und versteift!

Das FBSS tritt aber auch deutlich häufiger auf, wenn vor der Operation psychische Belastungen vorliegen, z.B. eine Depression oder wenn der gleiche Patient sich mehrfach an der Wirbelsäule operieren lässt. Dies bedeutet, dass ein Patient gerade vor einer größeren Wirbelsäulenoperation sorgfältig körperlich und psychisch untersucht und sein Risiko für das FBSS realistisch abgeschätzt werden sollte!

Je nach stattgehabter Operation sprechen wir vom „Postnukleotomie-Syndrom oder vom „Postlaminektomie-Syndrom“ oder ganz allgemein vom „Failed Back Surgery Syndrome“ (FBSS).

Es muss erwähnt werden, dass ein von Anfang an multimodales Vorgehen mit konsequenter Gewichtsreduktion, intensiver Physiotherapie, Training mit Hilfsmitteln wie dem Rollator,  geeigneten Medikamente, Akupunktur und Injektionen eine Wirbelsäulenoperation in vielen Fällen überflüssig machen kann.

Schmerzschrittmacher (elektromagn. Rückenmarkstimulation = SCS)

Schmerzschrittmacher, wie die Spinal Cord Stimulation (SCS) und die Dorsal Root Ganglion Stimulation (DRG), werden bei chronischen Schmerzen eingesetzt, die nicht ausreichend auf andere Therapien ansprechen, z.B. im Rahmen eines FBSS oder bei massiven neuropathischen Schmerzen in einer Extremität. Sie funktionieren durch die gezielte elektromagnetische Stimulation von Nerven im Rückenmark oder im Bereich der Nervenwurzeln, um Schmerzsignale zu blockieren oder zu modulieren.

Obwohl Schmerzschrittmacher für viele Patienten effektiv sind, birgt ihre Anwendung auch Risiken und Einschränkungen. Zu den möglichen Komplikationen gehören Infektionen, elektrische Fehlfunktionen und Unverträglichkeiten. Nicht selten kommt es zu einem Verrutschen oder zu einer Fibrosierung der Elektrode(n) – beides verbunden mit einem Funktionsverlust. Die Auswahl des geeigneten Schmerzschrittmachers und die richtige Platzierung stellt nicht selten eine echte Herausforderung dar, da einerseits die Antwort jedes Patienten individuell ist und andererseits häufig anatomische Besonderheiten vorliegen (v.a. bei Patienten, die bereits mehrfach an der Wirbelsäule operiert wurden).

Während viele Studien die Wirksamkeit von SCS und DRG-Stimulation belegen, sind weitere Forschungen erforderlich, um ihre langfristige Wirksamkeit und Sicherheit besser zu verstehen. Darüber hinaus ist eine sorgfältige Auswahl der Patienten und eine enge Zusammenarbeit mit erfahrenen Schmerzspezialisten unerlässlich, um die besten Ergebnisse zu erzielen und potenzielle Risiken zu minimieren.

Schmerzmittelpumpen (intravenöse und intrathekale Morphinpumpe)

Intravenöse und intrathekale Schmerzmittelpumpen werden in der Schmerztherapie bei schwerwiegenden und therapieresistenten Schmerzzuständen eingesetzt. Diese Pumpen liefern Schmerzmittel direkt in den Blutkreislauf (intravenös) oder in den Liquorraum an das Rückenmark heran (intrathekal), um eine schnelle und gezielte Schmerzlinderung zu erreichen. Obwohl sie eine effektive Option für einige Patienten sein können, birgt ihre Anwendung viele Risiken und Herausforderungen.

Intravenöse Schmerzmittelpumpen können neben typischen Komplikationen wie Infektionen und Thrombosen zu einer übermäßigen Dosierung mit gravierenden Folgen für den Patienten führen (Atemdepression und Atemstillstand), während intrathekale Pumpen das Risiko von Rückenmarksschäden und Infektionen im zentralen Nervensystem bergen. Darüber hinaus führt die kontinuierliche Verabreichung von hochpotenten Schmerzmitteln häufig zu einer Toleranzentwicklung, was höhere Dosen erfordert, um die gleiche Wirkung zu erzielen. Hiermit wachsen wiederum die Risiken dieser Anwendung.

Die Entscheidung für eine intravenöse oder intrathekale Schmerzmittelpumpe erfordert daher eine sorgfältige Abwägung der potenziellen Risiken und Vorteile sowie eine gründliche Evaluation durch einen erfahrenen Schmerzspezialisten. Zusätzlich ist eine kontinuierliche Überwachung und Anpassung der Therapie notwendig, um sicherzustellen, dass die Schmerzen angemessen kontrolliert werden und Komplikationen vermieden werden.

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