Medikamentöse Therapie
Neben der bewussten Veränderung des Verhaltens und der Einstellung zum Schmerzerleben und den zahlreichen physiotherapeutischen bzw. physikalischen Möglichkeiten der Schmerztherapie gibt es eine Vielzahl an Medikamenten mit den unterschiedlichsten Wirkmechanismen.
Am zielführendsten und wirksamsten ist es, zunächst den bei Ihnen zugrunde liegenden Schmerzmechanismus zu verstehen und die geeigneten Medikamente darauf abzustimmen. Üblicherweise beginnen wir immer mit einer sehr niedrigen und verträglichen Dosis, damit der Körper sich an das Medikament gewöhnen kann. Wie schnell das Medikament bis zu seiner typischen Wirkdosis gesteigert werden kann, muss in der Regel individuell festgelegt werden.
Ziel der medikamentösen Einstellung ist eine Schmerzreduktion von mindestens 30%. Bitte verstehen Sie daher, dass wir eine Schmerzreduktion von nur 10 oder 20% sehr kritisch sehen und die entsprechenden Medikamente meist absetzen. Hintergrund ist einerseits, dass der Placebo-Effekt von Schmerzmedikamenten bei über 20% liegen kann und andererseits müssen immer auch die potentiell schädigenden Effekte einer Langzeiteinnahme bedacht werden!
Eine gute pharmakologische Einstellung erfordert immer Geduld und Gewissenhaftigkeit – sowohl vom Patienten als auch vom Arzt! Es gibt leider keine Garantie für einen definierten Effekt eines Medikaments beim individuellen Patienten: manchmal wirkt ein Medikament nur in geringem Maße oder gar nicht und manchmal gibt es Nebenwirkungen, die dem Patienten nicht dauerhaft zugemutet werden können. Dann heißt es, mit Geduld und Gewissenhaftigkeit weitersuchen und optimistisch bleiben! In einigen wenigen Fällen wirkt kein Medikament, was bedeutet, dass die nichtmedikamentösen Verfahren gründlich ausgeschöpft werden müssen!

Periphere Schmerzmittel
Periphere Schmerzmittel sind Medikamente, die gezielt an der Peripherie des Körpers wirken, um Schmerzen zu lindern. Dazu gehören entzündungshemmende Medikamente wie nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR), Paracetamol, Metamizol, lokal angewendete Analgetika wie Salben und Pflaster sowie Lokalanalgetika bei peripheren Nervenblockaden. Diese Medikamente zielen darauf ab, Schmerzsignale an der Quelle zu blockieren oder zu reduzieren, indem sie Entzündungen hemmen oder die Aktivität schmerzleitender Nerven beeinflussen.
In der Therapie chronischer Schmerzen spielen auch topische (örtlich wirkende) Schmerzmittel eine wichtige Rolle, insbesondere bei lokal begrenzten Schmerzzuständen wie Arthrose, Sehnenscheidenentzündungen oder neuropathischen Schmerzen. Sie bieten eine gezielte und effektive Schmerzlinderung mit weniger systemischen Nebenwirkungen im Vergleich zu Schmerzmitteln, die über den Mund (oral) oder die Haut (transdermal) aufgenommen werden.
Wissenschaftliche Studien haben die Wirksamkeit verschiedener peripherer Schmerzmittel bei der Behandlung chronischer Schmerzen belegt und ihre Rolle als wichtige Komponente einer multimodalen Schmerztherapie unterstrichen. Die Auswahl des geeigneten peripheren Schmerzmittels richtet sich nach der Art und Lokalisation der Schmerzen sowie individuellen Patientenfaktoren wie etwaige Begleiterkrankungen oder Medikamentenunverträglichkeiten.
Zentrale Schmerzmittel (Opioide)
Zentrale Schmerzmittel sind Medikamente, die im zentralen Nervensystem wirken, um Schmerzen zu modulieren und zu kontrollieren. Dazu gehören Opioid-Analgetika wie das natürlich vorkommende Morphin, aber auch das Tramadol und das Buprenorphin, die Cannabinoide sowie bestimmte Antidepressiva und Antikonvulsiva.
Diese Medikamente beeinflussen die Schmerzverarbeitung im Gehirn und im Rückenmark, indem sie die Übertragung schmerzhafter Reize hemmen oder die Wahrnehmung von Schmerzen verändern. In der Schmerztherapie werden zentrale Schmerzmittel häufig bei schwereren Schmerzzuständen eingesetzt, insbesondere bei chronischen Schmerzen, die durch eine gesteigerte Schmerzempfindlichkeit und Veränderungen im zentralen Nervensystem gekennzeichnet sind.
Wissenschaftliche Studien haben die Wirksamkeit und Sicherheit verschiedener zentraler Schmerzmittel bei der Behandlung chronischer Schmerzen belegt, jedoch sind insbesondere die Opioide, aber auch die Cannabinoide und Pregabalin aufgrund ihres Potenzials für Abhängigkeit und Nebenwirkungen mit Vorsicht zu verwenden. Die Auswahl und Dosierung zentraler Schmerzmittel sollte individuell angepasst und immer unter ärztlicher Aufsicht erfolgen, um eine optimale Schmerzlinderung bei minimalen Risiken zu gewährleisten.
Pflanzliche Wirkstoffe und Vitamine in der Schmerztherapie
Pflanzliche Wirkstoffe und Vitamine spielen eine zunehmend wichtige Rolle in der Schmerztherapie, da sie eine alternative und oft nebenwirkungsarme Option bieten. Zu den am häufigsten verwendeten pflanzlichen Wirkstoffen gehören Arnika, Teufelskralle, Weidenrinde, Curcuma und Ingwer, die entzündungshemmende und schmerzlindernde Eigenschaften aufweisen. Diese natürlichen Substanzen können bei verschiedenen Arten von Schmerzen wie Arthrose, Muskelverspannungen und Kopfschmerzen eingesetzt werden.
Darüber hinaus können bestimmte Vitamine und Mineralstoffe wie Vitamin D, Magnesium und Omega-3-Fettsäuren eine Rolle bei der Schmerztherapie spielen. Vitamin D-Mangel wird mit chronischen Schmerzzuständen in Verbindung gebracht, daher kann die Supplementierung dieses Vitamins die Schmerzsymptome verbessern. Magnesium und Omega-3-Fettsäuren haben entzündungshemmende Eigenschaften und können bei der Behandlung von entzündungsbedingten Schmerzen unterstützend wirken.
Obwohl weitere Forschung erforderlich ist, um die genauen Wirkungsmechanismen und die optimale Anwendung dieser pflanzlichen Wirkstoffe und Vitamine zu klären, zeigen zahlreiche Studien ihre vielversprechenden Ergebnisse in der Schmerzlinderung. Dennoch ist es wichtig, vor der Anwendung solcher Präparate einen Arzt zu konsultieren, um mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten oder individuelle Bedürfnisse zu berücksichtigen.
Trizyklika und Serotonin-Noradenalin-Wiederaufnahmehemmer
Trizyklische Antidepressiva (TZA) und Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-hemmer (SNRI) sind Medikamente, die in der Schmerztherapie zur Behandlung chronischer Schmerzen eingesetzt werden. Diese Arzneimittel wirken, indem sie die Wiederaufnahme der Neurotransmitter Serotonin und Noradrenalin an den Synapsen des zentralen Nervensystems blockieren, was zu einer erhöhten Verfügbarkeit dieser Neurotransmitter führt. Dadurch werden schmerzhemmende Mechanismen im Gehirn verstärkt und die Schmerzempfindung reduziert.
Sowohl TZA als auch SNRI sind wirksam bei neuropathischen Schmerzen, Fibromyalgie und bestimmten Formen von chronischen Rücken- und Kopfschmerzen. Wissenschaftliche Studien haben die Effektivität dieser Medikamente bei der Schmerzlinderung belegt, insbesondere wenn andere Therapien nicht ausreichend wirksam sind oder nicht vertragen werden.
Die Anwendung von TZA und SNRI in der Schmerztherapie erfordert eine individuelle Dosierung und Überwachung durch einen Arzt, um optimale Behandlungsergebnisse zu erzielen und mögliche Nebenwirkungen zu minimieren. Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören Übelkeit, Schwindel und Schlafstörungen, die in der Regel zu Beginn der Behandlung auftreten, durch eine vorsichtige Eindosierung reduzierte werden können und sich oft im Verlauf bessern.
Antikonvulsiva (Gabapentinoide und Carbamazepin)
Antikonvulsiva, ursprünglich zur Behandlung von Epilepsie entwickelt, sind auch in der Schmerztherapie wirksam. Diese Medikamente wirken, indem sie die Übererregbarkeit von Nervenzellen im zentralen Nervensystem hemmen. Dadurch können sie insbesondere neuropathische Schmerzen, wie sie beispielsweise bei Diabetes, Gürtelrose oder Bandscheibenvorfällen auftreten, lindern.
Einige der häufig verwendeten Antikonvulsiva in der Schmerztherapie sind Gabapentin, Pregabalin und Carbamazepin. Sie wirken, indem sie die Freisetzung bestimmter Neurotransmitter hemmen oder die Erregbarkeit von Nervenzellen reduzieren. Wissenschaftliche Studien haben die Wirksamkeit dieser Medikamente bei der Behandlung neuropathischer Schmerzen nachgewiesen.
Die Anwendung von Antikonvulsiva in der Schmerztherapie erfordert eine individuelle Dosierung und eine sorgfältige Überwachung durch einen Arzt, um mögliche Nebenwirkungen wie Schläfrigkeit, Schwindel oder Gewichtszunahme zu minimieren. Trotz möglicher Nebenwirkungen bieten Antikonvulsiva eine wichtige Behandlungsoption für Patienten mit Schmerzen aufgrund einer Nervenschädigung, insbesondere wenn andere Therapien nicht ausreichend wirksam sind.
Topische Medikamente (Capsaicin, Ketamingel, DMSO, Lidocain etc.)
Topische (= örtlich verabreichte) Medikamente spielen eine zunehmend wichtige Rolle in der Schmerztherapie, insbesondere bei lokalen Schmerzsyndromen wie Arthrose, Muskelschmerzen und Neuropathien.
Capsaicin, ein Alkaloid-Extrakt aus Chilischoten, ist ein häufig verwendetes topisches Analgetikum. Es wirkt durch Bindung an die TRPV1-Rezeptoren (= Hitze-Rezeptoren) auf den Nervenendigungen und hemmt dadurch die Freisetzung schmerzauslösender Substanzen.
Ketamin-Gel wird ebenfalls topisch angewendet und wirkt durch Blockade der NMDA-Rezeptoren, was letztlich die Schmerzwahrnehmung reduziert.
DMSO (Dimethylsulfoxid) ist ein Radikalfänger, der beim „chronisch regionalen Schmerzsyndrom“ (= Morbus Sudeck) im Akutstadium effektiv ist, da DMSO die Haut durchdringt und entzündungshemmende sowie schmerzlindernde Wirkungen aufweist.
Weitere topische Medikamente umfassen NSAR-Gels wie das gut bekannt Voltaren-Emulgel (Wirkstoff Diclofenac), aber auch Lokalanästhetika z.B. in Form des Lidocain-Pflasters (Versatis), welches bei hochempfindlicher und schmerzhafter Haut eingesetzt wird und hier eine lokale Betäubung und effektive Schmerzhemmung bewirkt.
Wissenschaftliche Studien haben die Wirksamkeit verschiedener topischer Medikamente bei der Schmerzlinderung belegt. Sie bieten eine in der Regel sehr sichere und effektive Alternative zur oralen Medikation und können gezielt auf die betroffenen Bereiche aufgetragen werden, um eine schnelle und wirksame Schmerzlinderung zu erzielen.